Linux und FOSS brauchen mehr Lobbyarbeit
Mir ist aufgefallen, das mir die Vorteile von Linux alle nichts bringen, solange ich sie nicht ausnutzen kann. Der Grund hierfür ist, dass Microsoft eine sehr große Dominanz auf dem Softwaremarkt hat, und deswegen viele Menschen auf deren Software bestehen!
Ich möchte in diesem Artikel gar nicht auf das Hardware-Problem eingehen, das nicht erst seit Torvalds Rant in aller Munde ist. Das ist ein großes Problem auf der einen Seite. Vielmehr geht es um die Selbstverständlichkeit, mit der viele Leute davon ausgehen, dass man ausschließlich mit Microsoftprodukten arbeitet.
Während meines Studiums musste ich einige wissenschaftliche Arbeiten schreiben. Oftmals stand in der Aufgabenstellung explizit, dass die Arbeit mit Microsoft Word erstellt werden muss. Es gab hier gar keinen Diskussionsspielraum. Für mich war das nur bedingt ein Ausschlusskriterium, da es in der Hochschule genügend Rechner gibt, an denen ich die Arbeit hätte schreiben können, ohne Lizenzprobleme zu bekommen. Doch ich hätte es ungern getan, denn neuerdings setze ich stark auf LaTeX und möchte für solche Arbeiten nicht mehr darauf verzichten.
Schon während der Schule wurde ich auf Microsoft Produkte getrimmt, indem ab der 5. Klasse regelmäßig Pflichtveranstaltungen stattfanden, in denen man den Umgang mit Excel und Word erlernte. Die Referate in der Schule wurden fast ausschließlich mit Powerpoint erstellt, da zu diesem Zeitpunkt(!!) OpenOffice nicht auf den Schulrechnern verfügbar war.
Im Studium werden die Studenten über das MSDNAA-Projekt angelockt, in denen man allerhand Microsoft-Software kostenlos und über die Studienzeit hinaus benutzen darf. Für mich war das der Weg, wie ich an Windows 7 kam – notgedrungen, weil es manchmal eben erforderlich war. Eine vernünftige Office-Suite gibt es übrigens nicht in diesem Projekt, da muss man dennoch zahlen.
In den allermeisten Firmen wird auf die Redmonder gesetzt. Angefangen von allen möglichen Office-Anwendungen läuft natürlich auch die Mail-Verwaltung über Outlook, wo sie – natürlich – von einem Exchange-Server geladen werden. Als würde das nicht reichen, laufen etliche Firmenhomepages auf Windowsservern und sind in ASP programmiert. Gleiches übrigens auch bei vielen Universitäten, dort gibt es sogar eine Browser-Version von Outlook. Hier könnte man unfassbar viele Lizenzgebühren sparen. Das Argument, dass das Look&Feel auf den Desktoprechnern für die meisten Studenten/Arbeiter zu ungewohnt wäre, gilt hier übrigens nicht. Und ich traue jeder IT-Abteilung zu, einen Linuxserver zu administrieren.
Alle genannten Beispiele kann man sehr einfach – und vor allem kostengünstig – auf Open-Source Software übertragen. Diese ist überwiegend mindestens genauso leistungsstark, wenn nicht sogar noch mächtiger. Dass eine Migration an sich nicht einfach ist und schnell geht, ist mir bewusst und steht hier gar nicht zur Diskussion. Ich suche den Fehler ganz woanders. Warum fängt man überhaupt an, ausschließlich aus einem Softwarekonzern die Software zu holen, wenn es genügend funktionierende (!!) Schnittstellen zwischen den FOSS-Projekten gibt?
Durch die Lobbyarbeit, die sich Microsoft hierzulande (und sogar in Afrika!) leistet, bleiben die quelloffenen Projekte weiter im Hintergrund, wo sie bis jetzt noch nicht herausgekommen sind.
Canonical bietet in der Zwischenzeit auch schon einiges, was für Firmen interessant ist. Ein voll funktionsfähiges Betriebssystem mit etlichen vorinstallierten Programmen, eine Serverversion die seit Jahren stabil läuft, Support am Telefon – was wollen wir mehr? Dafür darf man sogar zahlen! Wie es mit dem Cloud-Angebot für Firmenkunden aussieht, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, könnte mir aber vorstellen, dass es hier spezielle Angebote gibt. Zumindest wäre der Aufbau einer firmeninternen Cloud kein Problem mehr.
Red Hat versucht das ganze auch schon seit Jahren und hält sich relativ stabil, wenn nicht gar steigend. Fedora darf man sogar lizenzkostenfrei benutzen. Die allermeisten Open-Source Programme laufen auf diesen Betriebssystemen. Dennoch hört man meiner Meinung nach davon ziemlich wenig und ich persönlich kenne auch keine Firma, die das einsetzt. Wenn ich, der sich schon seit Jahren mit Linux beschäftigt, spontan kein Beispiel weiß, warum sollen es irgendwelche Personalchefs oder Abteilungsleiter in den Firmen kennen? So KANN die Marktmacht des Softwareriesen gar nicht eingedämmt werden. Es fehlen die Lobbyisten, die junge Firmengründer ansprechen und gleich von Anfang an mal vorrechnen, welche Lizenzkosten man sich sparen kann, wenn man auf FOSS-Produkte setzt. Für das Geld könnte man gleich eine ganze Horde an Linuxadministratoren einstellen.
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