Einfaches Fachwerk berechnen mit Octave oder Matlab

In der technischen Mechanik lernt man als Student das Berechnen von Lager- und Stangenkräften in Fachwerken. Die Vorgehensweise ist dabei stets die gleiche und es läuft letztendlich auf das Lösen von linearen Gleichungssystemen (LGS) hinaus.

Der Gauß’sche Algorithmus beschleunigt das Berechnen zwar gegenüber dem Einsetzungsverfahren, jedoch geht das ganze doch noch erheblich schneller, wenn man den Computer das LGS lösen lässt.

Astoria-Megler bridge

Auch das Fachwerk der Astoria-Megler Bridge wurde von Ingenieuren berechnet

Hierzu kann man z.B. das weit verbreitete (kommerzielle) Programm Matlab verwenden, oder das Open-Source-Äquivalent GNU Octave. Beide Programme sind weitestgehend gleich in der Eingabe, weswegen diese Anleitung für beides verwendet werden kann.

Die Aufgabe

Gegeben ist ein Fachwerk mit 9 Stäben, einem Festlager und einem Loslager. Es greifen zwei Kräfte in negative y-Richtung an das Fachwerk an. Alle vertikalen und horizontalen Stangen haben die Länge von 1 m.

Zu berechnen sind die Lagerreaktionen sowie die Kräfte in den einzelnen Stäben.

fachwerk_bejonet

Aufstellen der Gleichungssysteme

Zunächst werden die Lagerreaktionen mit dem Kräfte- und Momentengleichgewicht bestimmt.

Die Eingabe in Octave sieht hierbei folgendermaßen aus:

octave:1> C=[1 1; 0 3];
octave:2> d=[13;22];
octave:3> E=C\d
E =
5.6667
7.3333

lagerreaktionWeitaus interessanter wird die Bestimmung der Stangenkräfte. Hier wird jeder Knoten freigeschnitten und damit für jeden Knoten einzeln das Kräftegleichgewicht aufgestellt. Darüber erhalten wir ein 12×9 Gleichungssystem, das wir über Octave lösen wollen.

Ich nutze hier gleich die Matrixschreibweise A·x=b, um die Übersichtlichkeit zu bewahren.

lgsWer etwas ungeübt ist, was diese Schreibweise betrifft: Jede Zeile steht für eine Gleichung. Dabei sind die einzelnen Spalten jeweils der Vorfaktor für f1..f9, in der Reihenfolge, wie sie in der zweiten Matrix stehen. Die oberste Zeile ist das Kräftegleichgewicht in Knoten 1 in x-Richtung. Die zweite Zeile ist Knoten 1 in y-Richtung usw..

Jetzt muss man dieses Gleichungssystem eigentlich nur noch lösen.

Eingabe in die Software

Dieses noch recht übersichtliche Gleichungssystem muss man nun in Matlab bzw. Octave eintippen. Matlab hat hierfür ein recht ansehnliches Tool (das erinnert ein bisschen an ein Tabellenkalkulationsprogramm), in Octave ist man noch gezwungen, das händisch einzutippen. Die Syntax sieht dann folgendermaßen aus:

octave:4> t=sin(pi/4);
octave:5> A=[
> t 1 0 0 0 0 0 0 0;
> t 0 0 0 0 0 0 0 0;
> -t 0 0 1 0 0 0 0 0;
> -t 0 -1 0 0 0 0 0 0;
> 0 -1 0 0 t 1 0 0 0;
> 0 0 1 0 t 0 0 0 0;
> 0 0 0 -1 -t 0 0 t 0;
> 0 0 0 0 -t 0 -1 -t 0;
> 0 0 0 0 0 -1 0 0 1;
> 0 0 0 0 0 0 1 0 0;
> 0 0 0 0 0 0 0 -t -1;
> 0 0 0 0 0 0 0 t 0];
octave:6> b=[0;5.667;0;0;0;-4;0;0;0;-9;0;7.333];
octave:7> F=A\b
F =
F =
    8.0139
   -5.6667
   -5.6667
    5.6667
    2.3570
   -7.3333
   -9.0000
   10.3709
   -7.3333

Das Ergebnis wird gleich ausgegeben. So einfach lassen sich also die Stabkräfte eines Fachwerks mit Open-Source Software berechnen.

[Bildquelle: David J Laporte, CC-by]

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