Video entwackeln in Linux

Ich war neulich auf einer Flugshow, auf der die legendäre Ju 52, eine der letzten Exemplare dieses historischen Flugzeugs, geflogen ist. Selbstverständlich wollte ich diesen historischen Moment in Bild und Ton festhalten und habe meine DSLR bemüht. Da ich nicht besonders ordentlich auf diesen Moment vorbereitet war (und mir das nötige Equipment sowieso fehlt), sind die Ergebnisse zunächst ernüchternd: Das hochauflösende Video ist so verwackelt, dass es wirklich kein Genuss ist, das Video im Urzustand zu betrachten.

Wer es nicht im Kopf hat, muss es eben in den Beinen haben (auf die Situation übertragen: Wer die Kamera nicht ruhig führen kann, muss eben nachbearbeiten). Also habe ich mich schlau gemacht, hier sind meine Ergebnisse.

Möglichkeit 1: Es gar nicht so weit kommen lassen

Wie immer sollte man schon beim Erstellen des Urmaterials darauf achten, dass dieses Material für den Zweck halbwegs geeignet ist. Denn wer schon beim Filmen darauf achtet, dass wenig verwackelt wird, muss später am PC weniger dagegen tun. Notgedrungen sind die Ergebnisse danach viel besser! Hier meine Checkliste für das nächste Filmprojekt:

  • Möglichst den Telezoom vermeiden
  • Kamera ruhig führen, am besten auf einem Stativ
  • Objektiv mit Bildstabilisierer verwenden

Mir ist klar, dass man manche dieser Punkte in viele Situationen gar nicht einhalten kann. Oft ist es auch schon zu spät dafür, dann muss man eben nachbearbeiten.

Möglichkeit 2: Transcode

Meine erste Wahl war transcode, das Terminalprogramm. Unter Ubuntu installiert man die beiden Pakete transcode und transcode-utils z.B. über folgenden Befehl:

sudo apt-get install transcode transcode-utils

Meine Canon-Kamera nimmt die Videos im *.mov Format auf, dieses wird standardmäßig nicht von transcode unterstützt. Dazu musst man die Binaries von hier herunterladen und in den Ordner /usr/lib/transcode entpacken. Am besten entpackt man die Dateien auf dem Desktop und verschiebt sie dann in der Konsole. Dass sieht so aus:

sudo mv ~/Desktop/filter_stabilize.so ~/Desktop/filter_transform.so  /usr/lib/transcode

Nun sind alle Binaries und Programme installiert. Mit dem ersten Befehl werden die „Wackeldaten“ ausgelesen, mit dem zweiten wird das Video schließlich entwackelt.

transcode -J stabilize -i original.mov -y null,null -o dummy
transcode -J transform -i original.mov -y xvid -o entwackelt.avi

Diese Methode hat bei mir ziemlich gut geholfen. Das Ausgabevideo hatte die gleiche Auflösung und den Ton des Ausgangsvideos. Wer anspruchsvollere Wünsche an das Programm stellt als ich, kann mit folgendem Befehl weitere Optionen aus dem Programm herauskitzeln.

tcmodinfo –i stabilize
tcmodinfo -i transform

Weitere Infos: http://public.hronopik.de/vid.stab/features.php?lang=en
[youtube CKvIoRuIVCg 640 360]

Demovideo: http://www.youtube.com/watch?v=CKvIoRuIVCg

Möglichkeit 3: Deshaker und VirtualDub

Man mag es nicht glauben, aber VirtualDub ist ein opensource Videobearbeitungsprogramm, das es NICHT für Linux gibt. Angeblich funktioniert es jedoch unter Wine auch auf einem Linuxrechner. Ich persönlich verzichte so weit es geht auf Wine und suche mir lieber eine Alternative zu Programmen, die nur mit Wine auf meinem Rechner laufen. Dementsprechend habe ich diese Möglichkeit auch nicht ausprobiert und die Performance des Programms nicht selbst erlebt. Bis auf die Programmteile, die DirectX benötigen, soll es aber ganz gut laufen.

Auf jeden Fall ist unter Windowsbenutzern dieses Programm und das dazugehörige Plugin Deshaker sehr beliebt, es soll auch vernünftige Ergebnisse liefern.

Fazit

Wenn man aufgrund der äußeren Umstände nicht wackelfrei filmen kann (etwa beim Ski-, Rad-, oder Autofahren) oder das passende Equipment nicht zur Verfügung hat, kann man sehr leicht und vor allem schnell aus dem Wackelvideo ein „stabiles“ Video machen. Transcode ist trotz der wirklich sehenswerten Geschwindigkeit sehr zuverlässig und mächtig. In meinem Demovideo mit der „Tante Ju“ sieht man sehr gut, wie zuverlässig die Umwandlung funktioniert. Phasenweise wirken die Sequenzen leicht unscharf, was aber auf die Aufnahme zurückzuführen ist („Motionblur“ bzw. „Bewegungsunschärfe“). Ich bin positiv überrascht und habe gleich beim ersten Anlauf mein Ziel erreicht.

Nachtrag: Ich habe noch ein Video hochgeladen, in dem die beiden Versionen nacheinander gezeigt werden: http://www.youtube.com/watch?v=-veTnPGF7T0

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